Der jährliche Urlaub am Gardasee war schon lange nicht mehr wegzudenken. Ich kannte die Strecke nun schon in und auswendig. Dank der wunderschönen und abwechslungsreichen Landschaft wurde die Fahrt zwar nie unspektakulär. Aber es war Zeit für neue Wege.
Ich nehme dich mit auf meine erste Transalp. Von der Idee bis zu den Freudentränen. Und ganz viel Schmerz zwischendurch.
1. “Einfach machen”
Als wenn es gestern gewesen wäre. Hoch oben über dem Gardasee, mein Fahrrad lehnte am Gipfelkreuz des Monte Pizzocolo. Eine qualvolle Auffahrt lag hinter mir und der Lago (LAG) mir zu Füßen. Es müssen die Endorphine gewesen sein, die mich dazu gebracht haben. Aber ich entschloss:
“Nächstes Jahr fährst du mit dem Rad nach RIVA.”
Es war schließlich ein ganzes Jahr Zeit zum trainieren. Und schließlich hatte ich ja diesen Anstieg auch gemeistert.
2. Die Vorbereitung
Man kann nie früh genug anfangen sich auf eine TransAlp vorzubereiten. Je früher man mit dem Training und der Routenplanung beginnt, desto mehr Möglichkeiten ergeben sich. Zudem müssen Etappen und Unterkünfte aufeinander abgestimmt werden. Auch Gedanken über den Heimweg solltest du dir machen.
Recherche und Training – Youtube, Zweifel, Haferflocken
Die Vorbereitung auf meine erste Transalp hatte ich mir tatsächlich anders vorgestellt: Es vergingen Wochen und Monate, der Sommer neigte sich dem Ende. Auch Ende Oktober hatte ich nicht mehr Radfahrten hinter mich gebracht als üblich. Die ersten Zweifel kamen auf. Packst du das? Was muss alles in meinen Rucksack? Wie funktioniert ein Kettennieter?
Aber aufgeben war für mich noch nie eine Option!!
Recht spät und ziemlich Planlos begann meine Vorbereitung und das Training dann im November. Mir blieben vier Monate bis zur Abfahrt. Die meiste Zeit verbrachte ich mit Recherche. Ich studierte Blogs, schaute Youtube-Videos, fragte erfahrene Transalp-Biker. Ich glaube ich stand am Ende der Vorbereitung sogar länger in der Küche als ich Zeit im Sattel verbracht habe.
Das Sprichwort “Abs Are Made in the kitchen” kam voll zur Geltung.
In Verbindung mit Krafttraining machte ich mir dann weder ums Reiseproviant noch um meine Fitness sorgen.
Routenplanung – Über Stock und Stein, mit ganz viel Radweg
Da ich meine erste Transalp alleine, Anfang April in Angriff nehmen würde, blieb mir für die Tourenplanung nicht viel Auswahl.
Ich beschloss an der Haustür zu starten und habe mir in Komoot den direkten Weg nach Riva anzeigen lassen. Schnell war klar, diese Transalp würde eine Genusstour.
370km – 2400HM
Bei den Etappen war ich mit Tageskilometern nicht zimperlich. Auch wenn ich davor nie mehr als 80km am Stück gefahren bin, traute ich mir zu die Tour in 3 1/2 Tagen zu schaffen. Es gab schließlich kaum HM zu überwinden.
7 Fragen die du vor Abfahrt unbedingt stellen solltest:
Ja, Ja, Ja…? Dann nichts wie los🙂
3. Transalp = Freiheit
1. Tag
Bepackt mit meinem 6,2kg schwerem Rucksack gings los. Ganz gemütlich immer am Inn entlang. Genug Zeit für zahlreiche Fotostops und auch die ein oder andere Cappuccino-Pause musste sein.
Die Kilometer verflogen auf dem geschotterten Radweg nur so.
Am späten Nachmittag kam ich am Etappenziel an. Direkt zog ich Richtung Innenstadt los um mir ein wenig die Beine zu vertreten.
Die langersehnte Buttermilch gabs zum Glück direkt im Supermarkt an der Ecke.
Die Pasta beim Italiener durfte später natürlich auch nicht fehlen. Es war durchweg ein gelungener erster Tag.
2. Tag
Ausgeruht, ohne Schmerzen und nach gutem Frühstück ging es weiter.
Es würde der anstrengende Tag der Tour werden. Schließlich ging es auf 110km knappe 1500hm von Tirol bis Brixen in Südtirol.
Bewusst habe ich mir die Unterkunft nicht direkt am Brenner gesucht. So hatte ich noch ca 20km zum Einfahren bis es dann teils sehr steil Richtung Brenner ging.
Aber ich war erstaunt wie “flott” es doch ganz rauf ging. Noch vor Mittag war ich am höchsten Punkt des Tages angekommen.
Erstmal musste das obligatorische “yeah, ich hab’s geschafft” Foto gemacht werden. Dann gabs Cappuccino. Nach einer kurzen Pause rollte ich weiter. Wohl wissend, dass es ab jetzt nur noch bergab gehen würde, zumindest theoretisch!!
Vorbei an alten Bahnhöfen, durch Sterzings Fußgängerzone bis Franzensfeste. Mit jedem Tritt in die Pedale wurden meine Beine schwerer. Ich war ziemlich erleichtert als ich in meinem Hotel angekommen bin. Schnell das Bike verstaut, geduscht und ab auf Restaurant Suche. Nach einem Döner und 2 Aperol war mein Tag dann aber auch zu Ende.
3. Tag
Auch Tag 3 begann wie am Vortag, mit ausgiebigem Frühstück. Ich schien der einzige Gast im Hotel zu sein. Perfekt, so durfte ich mir Brote für unterwegs schmieren. Ich stieg bei erneut herrlichstem Sonnenschein auf mein Radl und fuhr los.
Bis zur Hälfte der Strecke war alles gut. Mittags kam ich in Bozen an und schlenderte ein wenig durch die Parks. Nach kurzer Cappuccino-Pause fuhr ich weiter. Immer an der Etsch entlang umgeben von Obst und Weinplantagen.
Jedoch stieg die Temperatur gefühlt jeden gefahrenen KM an. Gegen 13 Uhr machte ich notgedrungen erneut Rast. Ich brauchte Schatten denn die Sonne meinte es wirklich gut. Erst Anfang April und bereits 31Grad.
Ich trödelte nicht lang, schließlich lagen noch einige km vor mir.
An dem Tag war ich über den später auftretenden Gegenwind sogar ein wenig dankbar. Todmüde und nur mit einer Banane zum Abendessen ging ich schlafen. Es war der härteste Tag bisher, daran sollte sich auch nichts mehr ändern.
4. Tag
Ich war total aufgeregt. In ca 50km werde ich am Gardasee ankommen.
Das Frühstück viel nicht so üppig aus wie an den letzten Tagen. Daher konnte ich ziemlich früh los. Die ersten Kilometer fuhr ich, wie am Vortag schon, den Radweg an der Etsch entlang. Immer Richtung Süden. Auf Höhe Rovereto verließ ich den Etschtal Radweg. Ein letztes Mal musste ich noch in die Pedale treten. Um zum Gardasee zu gelangen muss man über den kleinen Pass “Mori” – Aber das war wirklich nicht der Rede wert.
Und dann war es soweit:
Ich hatte schon Tränen in den Augen bevor ich den Gardasee überhaupt sah.
Als ich dann die ersten freie Blicke durch Büsche und Bäume erspähen konnte wollte ich gar nicht weiterfahren. Ich wollte gar nicht mehr zum Gardasee, sondern einfach nur weiter Radfahren. Der obligatorische Welcome Aperol holte mich aber schnell ins hier und jetzt zurück. Ich war definitiv Urlaubsreif!!
5. Fazit
Ausgepowert und mit Schmerzen an Stellen mit denen ich nicht gerechnet habe. Bin ich nach 3 Sonnenverwöhnten Tagen am Ziel angekommen. Das Freiheitsgefühl ist trotz täglich festgestecktem Ziel nicht zu kurz gekommen. Meine Sorgen und Ängste vor der Tour waren absolut unbegründet. Selbstgemachtes Müsli und Beefjerk schmeckt viel besser als gekauftes.
Es ist wie so oft im Leben. Die meiste Zeit stehen wir uns selbst im Weg. Oder kleine Abweichungen lassen uns kurzzeitig vom Weg abkommen. Wenn du ein leidenschaftlicher Fahrradfahrer bist, kann ich dir eine TransAlp nur ans Herz legen. Egal ob in der Gruppe oder alleine. Ob 15000hm oder 2000hm. Ob Radweg oder Trail. Einfach machen!
Wann hast du deine erste TransAlp geplant? Oder hast du Sie vielleicht schon hinter dir?
Erzähl mir gern von deiner Tour.